Schiedsgutachten
Was ist ein Schiedsgutachten?
Sachverständige aus dem technischen oder anderen nicht-juristischen Bereichen spielen bei der Lösung von Wirtschaftsstreitigkeiten oft eine wichtige Rolle.
In staatlichen Gerichtsverfahren oder Schiedsverfahren werden häufig Sachverständige von Richtern oder Schiedsrichtern benannt, um diese bei der Entscheidungsfindung im Zusammenhang mit technischen oder nicht-juristischen Fragen, deren Beantwortung einer bestimmten Expertise bedarf, zu unterstützen. In Schiedsverfahren nutzen Parteien gelegentlich einen parteibenannten Sachverständigen, damit dieser sie bei der schlüssigen Argumentation ihrer Positionen unterstützt.
Unter dem Begriff "Schiedsgutachter" wird auch noch eine andere Art des Sachverständigen verstanden:
Wenn sich die Parteien in ausschließlich technischen, nicht aber rechtlichen Fragen, ganz oder weitestgehend uneinig sind, können sie übereinkommen, gemeinsam einen Sachverständigen zu bestimmen, der eine verbindliche Stellungnahme zur in Rede stehenden Streitfrage abgibt. Die Stellungnahme kann auf die Einbeziehung eines oder mehrerer in Streit stehender Fakten begrenzt sein oder die Festlegung und Klarstellung der Rechte und Pflichten der Parteien betreffen.
Wesentliche Vorteile
- Ein Schiedsgutachten hilft, die technische Genauigkeit und Angemessenheit der Lösung sicherzustellen.
- Mit einem Schiedsgutachten wird die Parteiautonomie gefördert, weil die Parteien frei Sachverständige benennen und ihre Aufgaben und Mission bestimmen können.
- Ein Schiedsgutachten gewährleistet Vertraulichkeit, weil das Schiedsgutachten nur in seltenen Fällen öffentlich zugänglich ist.
Rechtlicher Rahmen
Im deutschen Recht sind Verfahren mit Schiedsgutachten in §§ 315 - 319 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt, entweder in direkter oder in analoger Anwendung.
Da diese Normen weder verpflichtend noch zwingend anzuwenden sind, bleiben Inhalt und Struktur jedes Schiedsgutachtens in den Händen der Parteien.
Die Parteien können den Sachverständigen nach ihrem Belieben auswählen, seine Aufgaben und Pflichten festlegen und die Verfahrensschritte, denen der Experte folgen soll, nach ihrer Präferenz anordnen. Die Parteien können auch bestimmen, ob und in welchem Ausmaß das Schiedsgutachten verbindlich sein soll. Nach der Vermutung in § 319 BGB ist das Schiedsgutachten bindend, wenn es nicht offensichtlich unbillig ist. Diese Entscheidung muss durch ein staatliches Gericht oder ein Schiedsgericht getroffen werden.
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Dr. Martin P. Lögering
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht
GRAT Disputes Partnerschaft von Rechtsanwält:innen mbB Engelke Lögering Wagner
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