Zivilprozess

Was ist ein Zivilprozess?

Im Zivilprozess entscheiden staatliche Gerichte über Rechtstreitigkeiten.

Die große Mehrheit der Handelsstreitigkeiten zwischen Privatunternehmen wird in Deutschland von Zivilgerichten der sogenannten ordentlichen Gerichtsbarkeit entschieden.

Das System der ordentlichen Gerichtsbarkeit besteht aus vier Hierarchieebenen (aufsteigend): den Amtsgerichten, Landgerichten, Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof. In Hamburg gibt es acht Amtsgerichte, ein Landgericht und ein Oberlandesgericht.

Am Amtsgericht wird ein Zivilprozess von einem einzelnen Richter entschieden. Am Landgericht werden einfache Fälle von einem Einzelrichter und komplexere Sachverhalte von drei Richtern entschieden. Außerdem gibt es am Landgericht noch die Kammer für Handelssachen, zusammengesetzt aus einem Berufsrichter und zwei fachkundigen ehrenamtlichen Richtern aus dem Bereich der Wirtschaft. Am Oberlandesgericht werden Fälle üblicherweise vor drei Berufsrichtern verhandelt.

In der ersten Instanz kann die sachliche Zuständigkeit beim Amtsgericht oder beim Landgericht liegen. Amtsgerichte sind grundsätzlich bei einem Streitwert von bis zu € 5.000 und Landgerichte bei Streitigkeiten mit einem Wert von mehr als € 5.000 zuständig. Ausnahmen macht das Gesetz im Familienrecht oder bei Streitigkeiten zum Wohnungsmietrecht.

Die örtliche Zuständigkeit eines Hamburgischen Zivilgerichts kann sich aus einer Vereinbarung zwischen den Parteien ergeben. Die Parteien können diese Vereinbarung entweder vor (durch Gerichtsstandsvereinbarung im Vertrag) oder nach Entstehung der Streitigkeit schließen. Wenn die Parteien keine Einigung getroffen haben, richtet sich die örtliche Zuständigkeit eines Hamburgischen Zivilgerichts nach der sogenannten Brüssel-I-Verordnung und/oder der deutschen Zivilprozessordnung (ZPO). Nach diesen Regelungen ist grundsätzlich das Gericht, bei dem der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, zuständig. Dazu gibt es jedoch viele Ausnahmen. Bei vertraglichen Ansprüchen richtet sich die örtliche Zuständigkeit beispielsweise danach, an welchem Ort der Vertragsbruch - unabhängig davon, ob durch Tun, Unterlassen oder Delikt - begangen wurde.

  • Entscheidungen der Zivilgerichte können vollstreckt werden.
    Entscheidungen der Zivilgerichte sind in Deutschland und in allen EU-Mitgliedstaaten kraft der Brüssel-I-Verordnung anerkannt und vollstreckbar. Außerdem hat Deutschland mit vielen Ländern bilaterale Abkommen abgeschlossen, die die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckbarkeit von Gerichtsurteilen gewährleisten.
  • Zivilverfahren können relativ günstig sein.
    Die Gerichtskosten hängen vom Streitwert ab und werden nach Prozesskostentabellen festgelegt. Am Landgericht steigen die Gebühren auch dann nicht, wenn drei Richter statt eines Einzelrichters für die Entscheidung zuständig sind. Die Gerichtskosten fallen geringer aus, wenn keine mündliche Verhandlung stattfindet oder zwischen den Parteien eine gütliche Einigung zustande kommt.
  • Zivilverfahren können relativ schnell sein.
    In Deutschland kann man im Vergleich zu anderen Ländern relativ schnell ein erstinstanzliches Urteil erlangen. Nach aktuellen Statistiken dauert es 13 Monate, bis das Landgericht eine Entscheidung verkündet. Die hamburgischen Gerichte sind mit einem Durchschnitt von 10 Monaten schneller.
  • Zivilverfahren bieten effizienten Rechtsschutz.
    Zivilverfahren bieten durch die Gewährung von einstweiligen Verfügungen und Eilverfahren effizienten Rechtsschutz, beispielsweise Unterlassungsverfügungen gegen Konkurrenten im Immaterialgüterrecht oder bei Familienrechtsstreitigkeiten.
  • Gerichtsverfahren in Deutschland müssen auf Deutsch verhandelt werden.
    Nicht nur schriftliche und mündliche Stellungnahmen, sondern auch Anlagen müssen in deutscher Sprache eingereicht werden. Das bedeutet, dass fallrelevante Dokumente, wenn diese in Englisch oder in einer anderen Sprache vorliegen, übersetzt werden müssen. Dies kann mit beträchtlichen Kosten verbunden sein. In letzter Zeit gibt es jedoch Bemühungen der Legislative, Englisch in deutschen Gerichtsprozessen zuzulassen. Insbesondere in Verfahren vor der Kammer für Handelssachen des Hamburgischen Landgerichts können mitunter die Parteien mit dem Gericht eine Vereinbarung schließen, dass praeter legem mündlicher Vortrag in Englisch zugelassen wird und auf die Verpflichtung, englische Dokumente übersetzen zu lassen, verzichtet wird.
  • Zivilprozesse können durch Berufungs- und Revisionsverfahren länger dauern.
    Entscheidungen der Zivilgerichte können Gegenstand eines Berufungs- und Revisionsverfahrens sein. Trotz einer schnellen erstinstanzlichen Entscheidung kann ein Fall gegebenenfalls noch zwei weitere Male verhandelt werden. Diese Berufungs- und Revisionsverfahren können die Zeit und die Kosten des Prozesses vervielfachen und sowohl interne als auch externe Kosten signifikant erhöhen.

Zivilverfahren sind in Deutschland in der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt.

Zivilverfahren beginnen damit, dass der Kläger eine Klage beim zuständigen Gericht erster Instanz einreicht, welches die Klage sodann an den Beklagten zustellt.

Sobald der Rechtsstreit rechtshängig ist, entscheidet das Gericht über das weitere Vorgehen. In manchen Fällen beraumt das Gericht einen sogenannten frühen ersten Termin an. In anderen Fällen findet ein schriftliches Vorverfahren vor Beginn der mündlichen Verhandlung statt.

Vor Beginn jeder mündlichen Verhandlung erörtert das Gericht mit den Parteien die Möglichkeit einer gütlichen Einigung. Der Richter teilt den Parteien dafür üblicherweise seine „momentane und unverbindliche“ rechtliche Einschätzung der Streitigkeit mit.

Deutsche Gerichtsprozesse haben ein paar Eigenarten (z.B. im Vergleich zu anglo-amerikanischen Verfahren), von denen einige kurz vorgestellt werden sollen:

Deutsche Richter geben den Parteien sogenannte rechtliche Hinweise, wenn sie feststellen, dass die Parteien das Recht missverstanden haben. Wenn ein Zeuge oder ein Sachverständiger gehört wird, führt zunächst der Richter die Anhörung selbst durch.

Die Parteien können erst danach selbst Fragen an den Zeugen oder den Sachverständigen richten. Die Parteien können lediglich Tatsachen darlegen und diese beweisen, nicht aber das Recht selbst anwenden. Eine Ausnahme besteht für Beziehungen, auf die ausländisches Recht angewendet wird. In diesem Fall haben die Parteien die Rechtslage selbst darzustellen. Trotzdem dürfen die Parteien, was sie in der Regel auch tun, die einschlägigen Gesetzesnormen vorbringen und ihre Relevanz für den streitigen Sachverhalt erläutern.

In deutschen Zivilprozessen existiert keine vorprozessuale Beweisaufnahme, in der eine Partei berechtigt ist, die Offenlegung von relevanten Informationen, inklusive Dokumenten der gegnerischen Partei, zu verlangen. Grundsätzlich gilt, dass jede Partei die Fakten, mit denen sie ihren Anspruch begründet und die für sie günstig sind, mit den Mitteln beweisen muss, die ihr zugänglich sind.

Ein Richter berücksichtigt nur die tatsächlichen Umstände, die aus seiner Sicht für den Ausgang des Verfahrens relevant sind. Dadurch sind die Beweisaufnahme und die damit verbundenen Kosten vergleichsweise gering.

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